DIVINO - Das Magazin | N° 1/2024 Sommer

Über die Zukunft des fränkischen Steillagenweinbaus Ein Gespräch mit Dr. Daniel Heßdörfer, Leiter des Arbeitsbereiches Forschungskoordination und Projektmanagement am Institut für Weinbau und Oenologie an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. Herr Heßdörfer, das Thema ist omnipräsent. Hitze, Wassermangel, Trockenheit, Starkregenereignisse und der intensive Bewirtschaftungsaufwand: Die Steillagen sind besonders betroffen. Wird es sie in Zukunft in Franken noch geben (können)? Natürlich spüren wir vor allem in den letzten Jahren, dass die Steillagen besonders von einem Gemisch aus all diesen Problemen betroffen sind. Einerseits von besonderer Hitze, weil die Einstrahlungsenergie in den Steillagen, die vornehmlich in südlicher Richtung ausgerichtet sind, so intensiv ist. Zudem haben diese Lagen in den allermeisten Fällen weniger Bodenauflage als die Flachlagen. Wir haben hier Bodenmächtigkeiten von 60-80 Zentimetern und demnach eine sehr geringe Wasserspeicherfähigkeit im Boden. Besonders bei Frühjahrstrockenheiten, wie wir sie 2018, 2019 und 2022 erlebt haben, sind in diesen Lagen die Wasservorräte aus dem Winter schneller aufgebraucht. Zudem potenziert sich die Sonnenenergie in diesen sogenannten Gunstlagen, und das war in den Jahren der Pflanzung (also VOR dem Klimawandel) ein wichtiges Argument für die potenziellen Spitzenqualitäten der Trauben. Jetzt, wo wir voll angekommen sind in den veränderten Bedingungen, haben wir mit diesen Lagen die größten Probleme. Besonders Rebsorten wie der Riesling, also typische Cool Climate-Sorten, die gerne hier gepflanzt worden sind, kriegen richtig viel Trocken- und Hitzestress. Gibt es denn überhaupt noch Vorteile für eine Steillagenbewirtschaftung? Die Vorteile liegen nicht gerade auf der Hand – das muss ich zugeben. Trotzdem bin ich überzeugt davon, dass wir sie erhalten müssen. Neben all den Schwierigkeiten, die diese Lagen in der heutigen Zeit mit sich bringen, konnten wir in dieser Woche leidvoll miterleben, dass sie im Vergleich zu den Flachlagen auch Vorteile bringen (Anm. der Redaktion: In Franken gab es in den Nächten vom 21. bis 24. April in vielen Lagen Frost und viele Hektar Reben sind erfroren). Gerade in den Steillagen treten in der Regel weniger Probleme mit den Spätfrösten auf als in den Flachlagen. Im Escherndorfer Lump hatten wir viel weniger Frostschäden als unten oder oben, wo es wieder flach wird. Im Thüngersheimer Scharlachberg zeigte sich das gleiche Bild. Und ganz wichtig sind die Steillagen auch als prägendes Element der fränkischen Weinkulturlandschaft. Wir haben ein sehr erfolgreiches WeinTourismus-Konzept, und die ganze Region lebt davon. Diese besonderen Lagen sind hier ein echtes Zugpferd, denn die Touristen kommen ja nicht, weil sie Flachlagen oder verödete Brachen sehen möchten. Sie kommen, weil sie das – lebendige – Weinkulturerbe anschauen und miterleben möchten. Und das sind bei uns nun mal die Steillagen. Die Pflege dieser Steillagen ist für die Winzerinnen und Winzer sehr arbeitsintensiv. Häufig ist das – und damit eine fehlende Wirtschaftlichkeit – auch ein Grund dafür, warum diese Flächen offengelassen werden. Sind hier Arbeitserleichterungen absehbar? Sehr richtig. Diese Flächen erfordern bis zu dreimal so viel Arbeitsaufwand wie eine flache Lage. Wir brauchen also Konzepte, die die Mechanisierbarkeit verbessern. Seit 2022 beschäftigen wir uns deshalb mit der FRANKENS WEINBERGE, INSBESONDERE DIE STEILLAGEN, PRÄGEN DIE KULTURLANDSCHAFT DER REGION. VIELE TOURISTEN KOMMEN GENAU DESHALB IN DAS WEINLAND AM MAIN. SIND DIESE BESONDEREN LANDSCHAFTEN IN GEFAHR? 20 Nº 1/2024·DIVINO MAGAZIN WEINBAU

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