DIVINO - Das Magazin | N° 1/2024 Sommer

Entwicklung einer autonomen Steillagenbewirtschaftung mit dem Einsatz von speziellen, KI-gesteuerten Weinbergsraupen. Wir haben bereits einen Prototypen erfolgreich in unserer Thüngersheimer Steillage im Einsatz: Es ist ein Projekt, für das wir verschiedene Anbieter zusammengebracht haben. Einen Raupenhersteller aus Südtirol (Firma Geier), einen Hardwarespezialisten aus der Pfalz (Firma Braun Maschinenbau) und einen Softwareentwickler aus Kaiserslautern (Robot Makers). Auch der Minimalschnitt und damit eine Extensivierung der Bewirtschaftung könnte hier Erleichterung schaffen. Was sind hier die erhofften Vorteile? Wir testen den Einsatz von Minimalschnitt in der Steillagenbewirtschaftung, und zwar vom Anbau über die Kellerwirtschaft bis zur Vermarktung. Wie kann das System die betriebswirtschaftliche Effizienz eines Betriebes verbessern? In der Spaliererziehung, die wir zu 95% in Franken finden, müssen die Winzerinnen und Winzer jedes Jahr schneiden, anbinden, einstecken. Der Arbeitskräfte-Stundeneinsatz in der Flachlage beträgt 250-300 Stunden pro Hektar im Jahr. Beim Minimalschnitt sind das gerade mal 60 Stunden pro Hektar im Jahr, denn alle Arbeitsschritte können maschinell durchgeführt werden. Auf der Fläche hat sich diese Methode bereits bewährt. In der Steillage noch nicht. Dieses Verfahren kommt ursprünglich aus Australien, denn es funktioniert nur mit einer gewissen Wärmesumme. Vor 30 Jahren hatten wir ja eher das Problem, dass es hier zu kalt war. Mit dem Klimawandel ist es nun auch bei uns möglich, gute Basisqualitäten mit Minimalschnitt zu erreichen. Spitzenweine erzeugt man sicherlich mit dieser Technik nicht – aber man verschafft sich damit auf der Fläche einen Freiraum, den man dann für solche Weinberge investieren kann, die intensiver bewirtschaftet werden müssen. Das ermöglicht effektives Wirtschaften mit den Ressourcen! Gibt es schon best practice Beispiele, wie wir in Franken am besten den veränderten Bedingungen im Steillagenweinbau begegnen können? Ja, im Thüngersheimer Scharlachberg von der LWG erforschen und zeigen wir sämtliche Möglichkeiten der Klimawandeladaptation. Wir zeigen die Resilienz unterschiedlicher Rebsorten, die besser mit dem Klimawandel zurechtkommen, als – sagen wir – die klassischen deutschen Sorten wie Riesling und Silvaner. Wir nutzen trockenstresstolerante Unterlagen und die Möglichkeiten von Begrünungsmanagement, wir zeigen Beispiele für Bewässerungs- und Laubwandmanagement. Einen großen Part spielt die Biodiversität in diesem Kontext. Seit 2013 betrachten wir die weinbauliche Produktion nicht mehr getrennt von Biodiversität – sondern sehen das als eine Einheit. Es gibt viele Möglichkeiten für die Umstellung von Traubenproduktion in Kombination mit bestmöglicher Biodiversität: Steinriegel anlegen, unnütze Spitzzeilen wegnehmen, Biodiversitätsflächen schaffen und Altholz einbringen, Blühflächen stehen lassen, oder Brachflächen offenlassen. Das können Sie alles im Thüngersheimer Scharlachberg sehen. Wie wichtig ist für Sie persönlich der Erhalt der Steillagen in Franken? Da möchte ich eine Auftragsarbeit zitieren. Gefragt wurde, welchen Umsatz der Weintourismus in der Region bringt. Durch den Weinverkauf allein wurden laut dieser Untersuchung jährlich 250 Millionen Euro erwirtschaftet – im Weintourismus waren es im Vergleichszeitraum 3,25 Milliarden Euro! Aktuelle Zahlen werden im Moment erhoben, es ist davon auszugehen, dass die Bedeutung des Weintourismus weiter gestiegen ist. Das zeigt die enorme Bedeutung der Weinkulturlandschaft und ihre Attraktivität für den Weintourismus in Franken. Und außerdem sind die Steillagen noch immer die Lagen, in denen wir unsere Spitzenqualitäten erzeugen. Ich meine damit, es schlummert auch in Zeiten des Klimawandels viel Potenzial in den Steillagen. Für ihren Erhalt (nicht zuletzt durch eine gesicherte Wirtschaftlichkeit für die Winzerinnen und Winzer) müssen wir allerdings unseren Umgang damit adaptieren. Wir können nur nicht so weitermachen wie bisher, sondern müssen die veränderten Bedingungen akzeptieren. Am Ende zählen die besonderen Weinqualitäten aus den Steillagen und ihr Beitrag für die Attraktivität der Weinkulturlandschaft – beides Aushängeschilder für Franken! Das Thema Biodiversität ist in Zeiten des Klimawandels bedeutsamer als je zuvor. Die LWG zeigt, wie es geht: Blühflachen stehen lassen, Altholz einbringen, Steinriegel anlegen und vieles mehr! FOTO: LWG VEITSHÖCHHEIM FOTO/FOTO UNTEN: DEUTSCHES WEININSTITUT (DWI) 22 Nº 1/2024·DIVINO MAGAZIN WEINBAU

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